„Auch wenn wir weniger werden, es muss uns gelingen, lebendig zu bleiben.“
Der Bundesverbandstag des KKV in Paderborn war mehr als nur eine Zusammenkunft – er war ein Impulsgeber, eine Plattform für Austausch und eine Weichenstellung für die kommenden Jahre. Unter dem prägnanten Motto „Menschen.Wertvoll.Verbinden.“ blickt der Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung nun mit neuem Schwung in die Zukunft. Wir sprachen mit Bundesvorsitzendem Josef Ridders über die Highlights des Verbandstages, die Herausforderungen der Zeit und die unverzichtbare Rolle christlicher Verbände in unserer Gesellschaft.
Herr Ridders, der Bundesverbandstag in Paderborn liegt hinter uns. Welches war Ihr persönlicher Höhepunkt, und welche Botschaft nehmen Sie aus diesen Tagen für die Arbeit des KKV mit?
Der gesamte Bundesverbandstag war ein Höhepunkt für sich, eine wunderbare Gelegenheit, unsere Mitglieder und Gäste persönlich zu treffen und den Geist der Gemeinschaft zu spüren. Besonders beeindruckend war für mich der Impuls-Talk und die Preisverleihung zum Aufsatzwettbewerb durch Bundespräsident a. D. Christian Wulff. Solche Momente zeigen, wie relevant unsere Themen sind und welche Strahlkraft sie entwickeln können. Die wichtigste Botschaft, die ich mitnehme, ist die große Motivation und der Wunsch, den KKV lebendig und wirksam zu gestalten. Trotz aller Herausforderungen spürt man eine enorme Energie, gemeinsam voranzugehen und sich nicht entmutigen zu lassen.
Das Motto „Menschen.Wertvoll.Verbinden.“ soll den KKV in den kommenden zwei Jahren begleiten. Wie kam es zu diesem Slogan, und welche Bedeutung hat er für die programmatische Ausrichtung des Verbandes?
Das Motto ist das Ergebnis einer intensiven Diskussion im Bundesvorstand und Hauptausschuss. Es fasst prägnant zusammen, wofür der KKV steht und stehen will. „Menschen.Wertvoll.Verbinden.“ ist für uns nicht nur ein Slogan, sondern ein Kompass. „Menschen“ steht für unsere Mitglieder, aber auch für alle Menschen in unserer Gesellschaft, für die wir uns engagieren – unabhängig von Herkunft oder Glauben. „Wertvoll“ betont die unantastbare Würde jedes Einzelnen, die wir aus unserem christlichen Menschenbild ableiten, und die Werte, die uns leiten – wie Gerechtigkeit, Solidarität und Nachhaltigkeit. Und „Verbinden“ ist der Kern unserer Arbeit: Wir wollen Brücken bauen, den Dialog fördern, Generationen und unterschiedliche Perspektiven zusammenführen und unsere Kräfte bündeln, um gemeinsam mehr zu erreichen. Dieses Motto wird unsere programmatische Arbeit in den nächsten zwei Jahren maßgeblich prägen.
Die katholische Kirche befindet sich in einer tiefgreifenden Krise, die sich auch auf die Verbände auswirkt. Wie sehen Sie die gesellschaftliche Rolle der katholischen Kirche heute, und wie positioniert sich der KKV in diesem Spannungsfeld?
Es ist unbestreitbar, dass die katholische Kirche in Deutschland und darüber hinaus eine schwierige Phase durchlebt. Vertrauensverluste, Austrittszahlen und die Auseinandersetzung mit Missbrauchsfällen sind eine schmerzhafte Realität. Diese Entwicklungen sind ernst zu nehmen und fordern uns alle heraus. Dennoch bin ich überzeugt, dass christliche Werte und christliche Perspektiven für eine moderne Gesellschaft existenziell wichtig bleiben. Der KKV versteht sich hier nicht als reiner Kirchenvertreter, sondern als eigenständiger Verband, der aus dem christlichen Glauben heraus Impulse für Wirtschaft und Gesellschaft gibt. Wir müssen die kritischen Fragen an die Kirche stellen, aber gleichzeitig betonen, dass unsere Werte – die Nächstenliebe, die Gerechtigkeit, die Bewahrung der Schöpfung – auch heute noch unverzichtbare Fundamente für ein gelingendes Miteinander sind. Wir sind diejenigen, die diese Werte in die gesellschaftliche Debatte einbringen und konkret leben.
Sie sprechen die christlichen Werte als Fundament an. Wie übersetzt der KKV diese Werte konkret in seine Verbandsarbeit und seine Forderungen?
Unsere christlichen Werte sind unser innerer Kompass. Nehmen wir zum Beispiel die katholische Soziallehre – sie bietet einen reichen Schatz an Prinzipien für eine gerechte Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Diese Themen sind keine ideologischen Dogmen, sondern Ausdruck unserer Überzeugung, dass wir als Christen eine Verantwortung für die Gesellschaft und die Schöpfung tragen. Wie Dietrich Bonhoeffer sagte: „Nicht in der Flucht der Gedanken, sondern im Ernst des Tuns liegt das Geheimnis des Lebens.“ Wir wollen nicht nur reden, sondern handeln und konkrete Lösungsansätze aufzeigen, die sich an der Würde des Menschen orientieren und das Gemeinwohl fördern.
Welche programmatischen Schwerpunkte wird der KKV in den nächsten zwei Jahren setzen, um das Motto „Menschen.Wertvoll.Verbinden.“ mit Leben zu füllen?
Wir wollen uns verstärkt auf die Themen konzentrieren, die unmittelbar die Menschen betreffen und unsere Werte widerspiegeln. Wir werden uns weiterhin gesellschaftspolitischen Fragen widmen, um klar zu machen, wofür der KKV steht. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Frage, wie wir jüngere Menschen für unsere Themen begeistern können, ohne dabei unsere älteren Mitglieder aus dem Blick zu verlieren. Hier sind wir auf allen Ebenen, im Bundesverband, den Diözesanverbänden und den Ortsgemeinschaften, gefragt, innovative Formate und Angebote zu entwickeln. Wir müssen Räume schaffen, in denen sich Menschen wohlfühlen, Heimat finden und Wärme spüren können – das ist unser Verständnis von „Menschen.Wertvoll.Verbinden.“
Angesichts sinkender Mitgliederzahlen in vielen Verbänden: Wie kann der KKV lebendig und einflussreich bleiben? Welche Rolle spielen Kooperationen und die Arbeit in den Ortsgemeinschaften?
Es ist eine Tatsache, dass wir wie viele andere Verbände einen Mitgliederrückgang erleben. Aber wie es im Protokoll des Bundesverbandstages treffend formuliert wurde: „Auch wenn wir weniger werden, es muss uns gelingen, lebendig zu bleiben.“ Das ist die große Herausforderung. Lebendig bleiben wir durch inhaltliche Arbeit und durch das Engagement unserer Mitglieder vor Ort. Die Ortsgemeinschaften sind unser Rückgrat, sie sind das Gesicht des KKV in den Regionen. Wir wollen sie bestmöglich unterstützen, sei es durch Material, Themenvorschläge oder die Vermittlung von Referenten. Kooperationen mit anderen Sozialverbänden der katholischen Kirche oder auch mit nicht-kirchlichen Akteuren, die ähnliche Werte teilen, sind ebenfalls wichtig, um unsere Schlagkraft zu erhöhen und breitere Öffentlichkeiten zu erreichen.
Zum Abschluss, Herr Ridders: Warum sind christliche Verbände wie der KKV in der heutigen, säkularen Gesellschaft existenziell wichtiger denn je? Welche Botschaft der Hoffnung möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Wir leben in einer Zeit großer Umbrüche, die viele Menschen verunsichert. Es gibt eine Sehnsucht nach Orientierung, nach Gemeinschaft und nach Werten, die Halt geben. Hier können christliche Verbände eine unverzichtbare Rolle spielen. Wir bieten nicht nur einen Raum für Austausch und Bildung, sondern auch eine Gemeinschaft, die auf Solidarität und gegenseitiger Unterstützung basiert. Wir sind ein Ort, an dem man sich für das Gemeinwohl einsetzen kann, basierend auf einer tiefen Überzeugung. Die Botschaft der Hoffnung ist, dass wir als Christen nicht machtlos sind. Jeder Einzelne kann durch sein Handeln und sein Engagement einen Unterschied machen. Wir müssen mutig und selbstbewusst unsere christlichen Werte in die Gesellschaft tragen und zeigen, dass Glaube relevant ist und zu einem wertvollen Leben beiträgt. Oder um es mit den Worten von Mahatma Gandhi zu sagen: „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“ Genau das leben wir im KKV mit „Menschen.Wertvoll.Verbinden.“
Herr Ridders, vielen Dank für das inspirierende Gespräch!